Schuel neu denken?! 8 Thesen zur Verbesserung der Schulqualität, SchulVerwaltung.de
Der Artikel zeigt Ideen auf, die die Schulqualität einfach, kostenfrei und zeitnah verbessern können. Dabei stehen nicht bestimmte Programme im Vordergrund, sondern vielmehr schlichte Prämissen, die im Alltag der meisten Schulen noch nicht ausreichend bzw. nicht ausgeschärft genug vorhanden sind.

In der Corona-Krise gab es viele Kommentare, Leitartikel und Schlagzeilen zum Schul- und Bildungswesen; das Magazin Der Spiegel titelte gar »Schulversagen – Wie das Virus die Schwächen unseres antiquierten Bildungssystem offenlegt«. Der folgende Artikel möchte sich nicht in diesen Verriss einfügen, da viele Schulen und Kollegien mit viel Elan gezeigt haben, was sie alles leisten können und perspektivisch auch noch müssen. Vielmehr soll thesenartig aufgezeigt werden wie sich Schule langfristig verbessern kann, ohne dafür von verschiedenen (politisch-wirtschaftlichen) Komponenten abhängig zu sein.
Unterricht muss das Kernanliegen von Schule sein! 
Viele Schulen zeigen ein unglaubliches Engagement. Schaut man sich auf den Homepages aller Schularten umschauen lässt sich eine Vielfalt an Projekten, Profilen und Kooperationspartnern entdecken. Spärlich bis wenig vorhanden sind allerdings Aussagen zum Unterricht, genauer: zu Unterrichtskonzepten und somit der Qualität, die die Schule auszeichnet. Es ist davon auszugehen, dass viele gute Prozesse im Unterricht stattfinden, hierzu findet aber insgesamt wenig Austausch statt. Dabei ist dies das Kerngeschäft der Schule und der Bildung an sich. Schulleitungen sollten den stetigen Austausch untereinander in Lehrerteams fördern, dafür Raum (zeitlich wie real) schaffen und diese Qualität, die Kollegien leisten, auch nach außen spiegeln, z.B. eben durch die Darstellung auf der Homepage der eigenen Schule.
Lehrerinnen und Lehrer müssen zusammenarbeiten! 
In allen Konzernen ist Teamarbeit ein ganz wesentlicher Faktor, in Kollegien lautet das Motto hingegen noch allzu oft »Lehrer/-innen sind Einzelkämpfer«. Selbstverständlich gibt es viele Kolleginnen und Kollegen, die ein sehr gutes Verhältnis zueinander haben und sich eng miteinander austauschen. Dies geht aber oft nicht über die Paarsituation hinaus. Das innerhalb einer Fachschaft Unterrichtskonzepte besprochen werden, Material untereinander getauscht und besprochen wird ist eher selten vorzufinden.

Dabei können hier Synergieeffekte gewinnbringend für alle Beteiligten genutzt werden – die gegenseitige Expertise stützt und erweitert zugleich den Horizont, die Vorbereitungszeit kann entlastet werden und neue Lernformen durch paralleles Unterrichten erprobt werden. Die Königsdisziplin stellt hier die kollegiale Hospitation dar, in der sich Kolleginnen und Kollegen innerhalb der Fachschaft (oder sogar fachfremd!) besuchen, ihren Unterricht öffnen und gegenseitig loben und Hilfestellungen aufzeigen.
Schule muss für Schülerinnen und Schüler da sein! 
Schule muss konsequent von den Lernern aus gedacht werden. In vielen Konferenzen und Diskussionen stehen die Gedanken der Kolleginnen und Kollegen im Vordergrund. Deren Expertise und Erfahrungen sind für das System relevant, gleichermaßen gilt es aber einen stetigen Perspektivwechsel einzunehmen und sich zu fragen wie das jeweilige Problem oder das Vorhaben aus Sicht der Schülerinnen und Schüler betrachtet wird.

Dies geschieht im besten Fall unter Miteinbeziehung der Schülervertretung, wie es auch die Veränderungen in den Verordnungen immer mehr vorsehen.
Feedbackkulturen müssen etabliert sein bzw. werden! 
Feedback ist omnipräsent – jedes Produkt im Netz wird bewertet, die meisten Menschen prüfen zunächst die Bewertungen, bevor sich für Modell A oder B entscheiden. In der Schule hat das Feedback in den letzten Jahren verstärkt Einzug gehalten, aber es gibt immer noch eine gewisse Hemmnis, aus Angst vor der Bewertung. Hier müssen weiterhin Ängste abgebaut, Transparenz geschaffen und Unterstützung angeboten werden. Denn die Etablierung einer Kultur ist langer Prozess, bei dem Rückschläge nicht hinderlich, sondern gar erwünscht sind, da sie Lernprozesse aufzeigen.
Klare Kommunikation(swege)! 
In der Corona-Krise zeigte sich, dass die Kommunikationswege zwar grundsätzlich funktionieren, aber zu vielfältig sind. Von Mails über Clouds und interne Plattformen und der Homepage. 

Kommunikationswege müssen entschlackt und strukturiert sein. Jede Zielgruppe muss wissen, woher sie die relevanten Informationen beziehen kann, zudem sollte die mehrfache Verbreitung bei wiederkehrenden Inhalten, z.B. den Einladungen zu Theateraufführungen u. Ä., vermieden werden, da die Informationsflut eher zu Desinteresse führt.
(Digitale) Strukturen müssen genutzt werden! 
Das (digitale) Schulversagen, das der Spiegel betitelte, lässt sich in manchen Bereichen – je nach Standort – bestimmt bestätigen. Jedoch, das Klagen hilft nicht viel. So sollte mit den Standortfaktoren, die vorhanden sind, gearbeitet werden und Strukturen voll ausgeschöpft werden. Die Corona-Krise (zur Entstehung des Artikels ist davon auszugehen, dass sie das System Schule noch langfristig beeinflussen wird) hat dazu geführt, dass viele Institutionen einen digitalen Schub erhalten haben. Dies sollte weiterhin genutzt werden, sodass digitale Konzepte weiterhin, auch im analogen Unterricht, ihren Platz und eine Vernetzung finden und nicht bloß als Ersatzformate in Krisensituationen dienen.

Dass es hierfür noch weiter ausgeschärfte (Medien-)Konzepte braucht ist ein berechtigter Einwand, der aber nicht in Hindernis zu der Sammlung weiterer Erfahrungswerte steht.
Konzepte müssen nachhaltig sein! 
Zynische Kolleginnen und Kollegen sprechen davon, dass ihre Schulen »Plakettensammler« sind. Das x-te Programm wird unterstützt, feierlich eingeweiht und danach vergessen. So überspitzt diese Kritik sicherlich ist, so muss jedoch geprüft werden: Welche Schwerpunkte haben wir als Schule? Welche nutzen den Schülerinnen und Schülern? Finden Vernetzungen im Unterricht statt? Haben sich Inhalte überholt? Schaffen wir Transparenz (z.B. auf der Homepage)?

Je nach Beantwortung dieser ersten Fragen lässt sich hier ein neues Bewusstsein schaffen, das (neu) festlegt, wofür die eigene Schule steht, welche Teams (s. o.) an neuen bzw. reaktivierten Konzepten arbeiten und ob sich entsprechend auch Ressourcen einsparen lassen, da Bereiche veraltet oder nicht mehr notwendig sind.

Generell empfiehlt sich die Prämisse: Weniger ist mehr.
Identifikation ist das A und O! 
In der Wirtschaft sind die Begriffe der Identität, der Identifikation und der Marke bereits fest verankert, in der Schule sind sie noch eher fern. Dabei leisten Schulen vieles, das aber oft im Verborgenen geschieht. Nicht nur die Außenwirkung via Homepage etc. spielt eine Rolle, sondern auch die, die durch Kolleginnen und Kollegen nach innen geschaffen wird. Wissen alle Fachschaften und sonstigen Gremien, was die anderen Bereiche leisten? Gibt es an der eigenen Schule ein Bewusstsein für das Engagement von Lernenden und Lehrenden? Hier bietet es sich an, auf Konferenzen in einem ritualisierten »Werbeblock« ca. 15 Minuten besondere Leistungen und Aktivitäten vorzustellen. Dies können Wettbewerbe, die im Rahmen von z.B. Jugend forscht stattfanden, aber auch besondere Leistungen aus dem Unterricht, die Schülerinnen und Schüler im Unterricht erbracht haben, sein. Hierdurch wird allen Beteiligten Identifikation und Stolz mit und auf die eigene Schule ermöglicht, die sich dann wiederum im internen Klima und der Außenwirkung widerspiegeln.

Fazit 
Die ausgeführten Thesen sind sicherlich nicht in Gänze neu und werden teils auch so schon praktiziert. Aber, sie haben folgende Prinzipien: sie sind kostenlos, können von allen Beteiligten an allen Schulformen umgesetzt werden und sind nicht abhängig von bestimmten Mitteln, die mitunter längere Prozesse inkludieren. Für Schulleitungen lässt sich anhand der Thesen ebenso eine Checkliste erstellen, um die eigene Schulqualität zu evaluieren und eine Gesprächsgrundlage mit Arbeitsgruppen zu haben, die sich mit der internen Weiterentwicklung beschäftigen.
Literatur
Ministerium für Bildung (Rheinland-Pfalz)Orientierungsrahmen Schulqualität. Mainz, 5 2017.

Hessischer Referenzrahmen SchulqualitätQualitätsbereiche, Qualitätsdimensionen und Qualitätskriterien. Wiesbaden, 2 2011.

Der Autor:
Daniel Lomp

Lehrer, Görres-Gymnasium, Koblenz
Hinweis: Fundstück aus der Zeitschrift SchulVerwaltung Hessen/Rheinland-Pfalz 11/2020.

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